Für Elke.


Im Internet finden sich Dutzende von Rezepten für Holunderblütensirup. Warum hier auf meiner Homepage noch eins?
Okay - erstens, weil mich Elke hartnäckig darum gebeten hat und dies nun quasi ein im Internet veröffentliches Geburtstagsgeschenk ist.
Und zweitens, weil der Holunderblütensirup aus meiner Bastelküche meines Erachtens nicht nur besser schmeckt als jeder andere, den ich je probiert habe, sondern auch unter ökologisch-physiologisch-biologisch-chemisch-medizinisch-physikalisch-technischen Aspekten (ich bin halt doch ein Ingenieur) der beste ist :-)
Erklärungen dazu weiter unten.

Hier zunächst das Rezept :

Holunderblütensirup

Zutaten:

viele Holunderblüten
Flüssigkeit:
80% Wasser
20%
Zitronensaft oder gelöste Zitronensäure
1.2kg/l
Zucker
10g/l
Vitamin C
Alkohol >90% (zur Not tuts auch Wodka oder 54%-Rum)

Die Blütendolden nicht waschen, sondern nur ausschütteln, von Insekten befreien und in einen großen Topf oder anderes Gefäß mit Deckel geben. Wenn man in einen weißen Eimer sammelt, springen lichtliebende Insekten, die eventuell noch in den Dolden stecken, gern an den  Eimerrand und lassen sich so leichter vertreiben.

Wasser und Zitronensaft (oder gelöste Zitronensäure)  im Verhältnis 800 ml zu 200 ml drüber geben; so lange, bis die Blüten zu 80% bedeckt sind. Wenn man kristalline Zitronensäure nimmt, sind es pro l Wasser 15 g Zitronensäure. Falls noch Blüten aus der Flüssigkeit ragen, z.B. mit einem Teller döppen. 1 Tag zugedeckt im Keller stehen lassen.

Am nächsten Tag 1.2 kg Zucker und 10g Vitamin C pro l Flüssigkeit dazugeben. An diesem Tag mehrmals, danach täglich 1 Mal umrühren.Weitere 2-6 Tage zugedeckt im Keller stehen lassen.

Jetzt den fast fertigen Sirup filtrieren (zum Beispiel durch ein sauberes Trockentuch).

In saubere Flaschen so abfüllen, dass noch 1cm Luft bis zum Verschluss ist. Diesen letzten Freiraum mit Alkohol (zum Beispiel mit einer Spritze ohne Nadel) vorsichtig und großzügig auffüllen, so dass er beim Verschließen rausspritzt. (Brille tragen!)

Stehend im Keller lagern und nicht schütteln. Dann hält sich mindestens bis zur nächsten Holunderblüten-Ernte.

Flasche nach dem Öffnen im Kühlschrank aufbewahren. Getränk: Sirup im Verhältnis von ca. 1:10 mit Wasser auffüllen.

Die im Sirup enthaltenen Pollen bilden eventuell eine flockige Wolke. Das ist kein Zeichen von Verderb. Schimmel (der sich frühestens nach einem Jahr bilden würde) zieht Schlieren. Wenn man sich unsicher ist, ob der Sirup, den man gerade öffnen will, nicht doch schlecht geworden sein könnte, folgender Test: Flasche ein Bisschen schütteln (den ersten Schluck eventuell vorher wegkippen). Pollen verteilen sich wieder und sorgen für eine milchige Farbe. Schimmel bleibt schlierig. Außerdem entwickelt er einen säuerlich-gärigen Geschmack.
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Erläuterungen:

Viele Holunderblüten:
In den meisten Rezepten ist immer von soundsoviel paar Bisschen Holunderdolden die Rede. Ich finde, je mehr, desto intensiver schmeckts.

Vitamin C und Zitronensäure:
Leicht säuerlich schmeckt zunächst einmal besser. Verhindert aber auch Oxidation. Stärkehaltige Lebensmittel werden braun (wie eine angeschnittene Kartoffel oder ein Apfel). Säure schützt davor. Das tut sie aber wiederum nur dann, wenn die Blüten auch wirklich drin liegen. Ev. zum Untertauchen einen Teller drauflegen. Vitamin C ist reine Ascorbinsäure. (Kriegt man in Deutschland für 1-2 € / 100g in Drogerien. In der Schweiz nur in der Apotheke - dann kostet es gut das Fünffache.) Aber auch die gesündesten Dinge sind im Übermaß nicht gut, daher nur 10 g/l. Damit entsprechen 2-4 Gläser Fertiggetränk der empfohlenen Tagesdosis. (Mein Onkel erzählt von Vitamin-C-Selbst-Experimenten während seines Medizinstudiums. Wenn man sehr viel zu sich nimmt, kristallisiert es in der Blase und schmerzt beim Pinkeln...) Das Zitronen-Saure kann man entweder durch echten Zitronensaft erreichen (auch gekauften; mein Favorit), durch fertige Zitronensäurelösung (die man in den meisten Supermärkten in gelben, bauchigen 200ml-Fläschli bekommt) oder durch 10-20g kristalline Zitronensäure (aus der Apotheke, Reformhaus o.ä.) auf 200ml zusätzliches Wasser.
 
Mindestens 50%ige  Zuckerlösung:
Zucker ist ein natürliches Konservierungsmittel. Je mehr, desto länger hälts. 50-65%  garantiert unter Luftabschluss eine Haltbarkeit über mehrere Jahre. Es geht auch mit Xylit (Birkenzucker). Dann ists besser für die Zähne und geeignet für Diabetiker. Verträgt (zumindest in größeren Mengen) allerdings nicht jeder.

Kein Erhitzen:
Die traditionelle Hausfrau schwört  auf  heißes Wasser und Auskochen bei jeder Gelegenheit und erzeugt so jeden Tag kiloweise unnötiges CO2. Im Bezug auf Sauberkeit beschleunigt Hitze die Prozesse lediglich, macht sie aber nicht besser (Ausnahme: Lösen von Fett, das bei Raumtemperatur fest ist). Wer also z.B. verschmutztes Geschirr Stunden lang einweicht, hat es kein Bisschen einfacher, wenn er dafür heißes Wasser aus dem Hahn lässt - im Gegenteil. Bei Lebensmitteln werden durch Erhitzen aber mit Sicherheit viele Vitamine zerstört.
Im Einzelnen:

Kein heißes Lösen des Zuckers:
In vielen Rezepten für Holundersirup wird der Zucker in kochendes Wasser geschmissen. Damit geht er sofort in Lösung. Dies ist aber überflüssig - wenn man den Sirup ab und zu umrührt, erreicht man (halt erst nach Stunden) das selbe Ergebnis.
Stuhlsieb
Kein Auskochen der Flaschen:
Dies ist generell und immer und überhaupt nutzlos. Wenn man seinen Sirup (oder seine Marmelade) nicht in der Sauna herstellt, sinkt die Temperatur der Gefäße sehr schnell wieder unter 70 Grad, und die in der Luft heranschwirrenden Keime freuen sich über das wohlig-feucht-warme Klima. Sinnvoller ist es, die leere Flasche gründlich auszuspülen und trocknen zu lassen. Vor dem Abfüllen kurz kalt ausspülen.

Kein heißes Abfüllen:
Dies wäre zugegebenermaßen eine Methode, um doch Sterilität beim Einfüllen und damit lange Haltbarkeit zu erreichen. (Das ist meine Strategie beim Marmelade Einkochen). Hierduch würden aber Vitamine und Spurenelemente zerstört und der Sirup schmeckte weniger frisch.

Abfüllen durch ein Tuch:
Zum Zurückhalten von Festkörpern, klar (z.B. Blüttenblätter). Am besten nimmt man ein Filter-Sieb (sieht aus wie eine Zipfelmütze mit Stiel, habe ich allerdings noch nirgendwo anders gefunden als in einem chinesischen Hardware-Shop in Spanien). Etwas aufwändiger aber mit hausaltsüblichem Material geht’s mit einem Leintuch (Baumwolle quillt). Man muss das Tuch nicht mit der Hand halten, wenn man es mit starken Gummis an den Beinen eines umgedrehten Stuhls befestigt. 

Der oberste cm aus hochprozentigem Alkohol:
Da ich kalt abfülle, könnte sich auf der Oberfläche Schimmel bilden (wie bei einer Marmelade, die man zu lange draußen stehen lässt). Dies verhindere ich durch den keimtötenden Alkohol. Danach aufrecht lagern und nicht schütteln, damit er immer obenauf schwimmt. Den ersten Schluck kann man eventuell wegkippen.

(Fast) reinen, unvergällten Alkohol bekommt man übrigens in Nordeuropa nur in der Apotheke. Da er steuerbegünstigt ist, muss man auf Nachfragen beim Barte seiner Großmutter schwören, dass man ihn für kalte Umschläge, Tinkturen o.ä. braucht. In Italien und Österreicht steht er auch im Regal von mittelgroßen Supermärkten. Obwohl er dort alles andere als steuerbefreit ist, ist er für weniger als 20 €/l zu haben - weniger als ein Fünftel des Preises der hiesigen Apotheke. (Zur Preisbildung in oligopolistischen Strukturen lese man die einschlägige Wirtschaftsliteratur...)

Und dann noch ein Anwendungsvorschlag:
Holunderblütensirup schmeckt nicht nur gut mit Wasser, sondern auch als  Zugabe im Bier. Menschen, die gern Kriek, Radler, Panaché oder Diesel trinken, werden vermutlich auch hieran Freude haben.

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